Gemeinden haben Nachholbedarf bei der IT-Beschaffung

30. August 2023 um 15.31 Uhr
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Gemeinden sind bei ihrer Informatik-Infrastruktur mit grossen Herausforderungen konfrontiert. Der Artikel zeigt auf, dass aufgrund der rasanten Technologieentwicklung und den beschränkten Ressourcen der Gemeinden auch ein Verbesserungsbedarf beim «Sourcing» (der IT-Beschaffung) besteht.

Steigende Herausforderungen und ein dynamischer IT-Markt
Die fortschreitende Digitalisierung führt auch bei den Schweizer Gemeinden zu Herausforderungen und Veränderungen in der Informatik. Bürgerinnen und Bürger erwarten heutzutage einen schnellen und digitalen Zugang zu staatlichen Dienstleistungen. Doch die dazu notwendig technische Infrastruktur bereitzustellen strapaziert die beschränkten finanziellen und personellen Ressourcen vieler Gemeinden. Das Outsourcing von Leistungen, wie der Betrieb von Servern und Netzwerk und die Betreuung von Applikationen, ist deshalb weit verbreitet. Doch Outsourcing-Verträge müssen nach vier bis fünf Jahren jeweils wieder verlängert (oder hinterfragt) werden – dabei sind die beschaffungsrechtlichen Vorgaben zu beachten.

Marktveränderungen auf Anbieterseite, der rasante technologische Fortschritt wie Cloud oder Mobile-Computing und neue Regulatorien (wie das aktuelle, neue Beschaffungsrecht) zwingen die Gemeinden, ihr Vorgehen zu überprüfen und anzupassen. Dass einiges in Bewegung ist, zeigt die Beschaffungsstatistik des Instituts für «Public Sector Transformation» der Berner Fachhochschule: in den abgelaufenen 8 Monaten des Jahrs 2023 haben Gemeinden und Städte bisher fast 100 IT-Ausschreibungen auf der SIMAP-Plattform publiziert, ein Volumen das während des gesamten 2022 nicht erreicht wurde. Auch in den Vorjahren war eine stetige Zunahme zu verzeichnen.

Quelle: intelliprocure.ch

Outsourcing, Cloud, Microsoft 365 und Security beschäftigen Gemeinden und Schulen
Immer häufiger sieht man Ausschreibungen, welche sowohl die Infrastruktur von Gemeinden wie auch diejenige der Schulen betreffen. Beim Outsourcing von Servern und Netzwerken lassen sich so Effizienzvorteile realisieren. Die neuen Angebote für Computer-Infrastruktur und Software aus der Cloud betreffen Gemeinden wie auch Schulen gleichermassen – und auch Themen wie «Identity und Access Management» (IAM), Computersicherheit und Datenschutz sind übergreifend zu behandeln. Dazu kommen personelle Überschneidungen bei den raren IT-Personalressourcen und die Vorteile von Standardisierung und gemeinsamen Beschaffungen.

Komplexe Beschaffungsprozesse
Die Vorschriften und Regulierungen des Beschaffungsrechts werden von den Gemeinden oft als «bürokratische Hürden» wahrgenommen: die langwierigen Beschaffungsprozesse stehen im Kontrast zur Dynamik der Technologieentwicklung. Doch wer das Beschaffungsrecht kennt und auf der Klaviatur der Beschaffungsinstrumente spielen kann, ist im Vorteil. Neben der klassischen «öffentlichen Ausschreibung» gibt es abgekürzte Beschaffungsverfahren wie das «Einladungsverfahren», den «Freihänder» oder den «überschwelligen Freihänder», die zielgerichtet eingesetzt werden können. Dabei ist es entscheidend, die Feinheiten, Limitationen, Chancen und Risiken dieser Beschafffungsinstrumente zu kennen.

Das neue Beschaffungsrecht (Inkraftsetzung im Kanton Zürich geplant im Herbst 2023, bei anderen Kantonen teils bereits im Einsatz) fördert mit dem Fokus auf «Nachhaltigkeit» eine langfristig orientierte Auswahl der Zuschlagskriterien. Dies kann Gemeinden und Schulen helfen, die oft langfristig geplante Infrastruktur und deren Betreuung nach ihren Vorstellungen zu beschaffen. Mit dem neuen Beschaffungsrecht erhalten auch die in den letzten Jahren populär gewordenen Rahmenverträge eine neue gesetzliche Grundlage. Solche Rahmenverträge haben sich als ein sehr mächtiges Instrument bei der Beschaffung von Dienstleistungen, Hardware wie z.B. Druckern oder Software erwiesen.

Wie Know-How beschaffen?
Gemeinden, auch grössere, haben meist sehr beschränkte personelle Ressourcen, insbesondere in der IT und im Bereich der juristischen Unterstützung (bspw. Submissionsrecht und Vertragsrecht). Umso wichtiger ist der Zugang zu Experten und externer Unterstützung. Hier drei mögliche Quellen:

Die im August durchgeführte IT-Beschaffungskonferenz 2023 der Universität Bern vermittelte viel praktisches Wissen. Die Präsentationen können für beschränkte Zeit frei vom Web heruntergeladen werden.
Webseite der IT-Beschaffungskonferenz 2023
Das Fachbuch «Beschaffung von Informatikmitteln» von Josef Schreiber und Roland Füllemann ist das Standardwerk für die IT-Beschaffung in der Schweiz. Mit seinen praktischen Beispielen und Vorlagen ist es ein Handbuch für Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen wie auch für Projektleitende. Mit der 6. Auflage, welche Ende 2022 im Buchhandel erschienen ist, wurde das Werk umfassend aktualisiert, unter anderem mit Bezug auf das neue Beschaffungsrecht. Das Buch kann aus Anlass der Beschaffungskonferenz beim Verlag für beschränkte Zeit zu einem Vorzugspreis mit 15% Rabatt bezogen werden.
Buchbezug beim Verlag Haupt
Das Experten-Team von informatik-beschaffung.ch organisiert bedarfsorientiert Online-Workshops, Know-How Austausch, Fragerunden und Kurz-Briefings zu Beschaffungsthemen – manche der Online-Veranstaltungen sind kostenlos. Bei Interesse senden Sie ein kurzes Mail an info@informatik-beschaffung.ch und schreiben uns, welche Beschaffungsthemen oder Fragen Sie aktuell beschäftigen.

 

Josef Schreiber und Roland Füllemann, Autoren von «Beschaffung von Informatikmitteln»

 

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